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Umsetzung der Personalbemessung birgt wirtschaftliche Risiken für Pflegeeinrichtungen


Die Flexibilisierung der Fachkraftquote kann bei einer veränderten Belegungsstruktur zu Finanzierungslücken führen

Seit Juli 2023 erfolgt sukzessive die Umsetzung der Personalbemessung nach § 113c SGB XI und findet Eingang in die Vergütungsverhandlungen vollstationärer Pflegeeinrichtungen. In den meisten Bundesländern konnten mittlerweile wie vom Gesetzgeber vorgesehen Vereinbarungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringerverbänden zur Festlegung von Personaluntergrenzen und der konkreten Umsetzung der Personalbemessung getroffen werden. In einigen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, Bayern, Bremen und Baden-Württemberg werden im Zuge dieser Neuregelungen nun keine fixen Fachkraftquoten mehr vereinbart. Stattdessen werden für die Vorhaltung des Fachkraftpersonals Personalanhaltswerte vereinbart, die je Pflegegrad unterschiedlich ausfallen. Je höher der Pflegegrad ist, umso höher ist auch der Personalanhaltswert. Dies hat zur Folge, dass sich die rechnerisch ergebende Fachkraftquote in Abhängigkeit von der Belegungsstruktur ändert. Steigt die Belegungsstruktur (es werden also mehr Bewohnerinnen und Bewohner mit höheren Pflegegraden versorgt), steigt auch die Fachkraftquote. Sinkt die Belegungsstruktur un damit sinkt die Fachkraftquote.

Im Berechnungsbeispiel in Tabelle 1 ergibt sich zunächst auf Basis des Ergebnisses der Pflegesatzvereinbarung eine Gesamtpersonalmenge für den Pflegebereich von 27,94 Vollzeitkräften (VZK), davon 12,05 Fachkräfte. Mit dieser Belegungsstruktur liegt die Fachkraftquote rechnerisch also bei 43,14 %. 

Verschiebt sich die tatsächliche Belegungsstruktur in der Folge weg von den niedrigeren hin zu höheren Pflegegraden wie im zweiten Berechnungsbeispiel, führt dies aufgrund der unterschiedlich hohen Personalanhaltswerte für Fachkräfte zu einer höheren Fachkraftquote von 46,13 %. 

Aus finanzieller Sicht besteht das Problem nun darin, dass im Rahmen der Pflegesatzverhandlung für einen prospektiven Vereinbarungszeitraum mit einer bestimmten Belegungsstruktur kalkuliert wird und genau das Verhältnis aus Fachkräften und Hilfskräften, das sich bei dieser Belegung ergibt, in die Pflegesätze einfließt.

Wenn innerhalb des Vereinbarungszeitraumes nun jedoch die Belegungsstruktur nach oben von der verhandelten Belegungsstruktur abweicht, muss die Einrichtung einen höheren Anteil an Fachkräften vorhalten, als sie über ihre Pflegesätze refinanziert bekommt. Am Berechnungsbeispiel in Tabelle 2 kann man die Auswirkungen ablesen: den vereinbarten Pflegesätzen liegt eine rechnerische Fachkraftquote von 43,14 % zugrunde, die zu einem Durchschnittsgehalt pro VZK von ca. 55.170 € führt. Bei einer veränderten Belegungsstruktur und damit einhergehend einer auf 46,13 % erhöhten Fachkraftquote steigt das Durchschnittsgehalt in der Pflege auf über 55.530 € und damit absolut um ca. 350 € pro VZK. Bei ca. 30 VZK führt dies über das gesamte Jahr zu Mehrkosten von fast 11.000 €, für die der Einrichtungsträger keine Refinanzierung erhält. Dieses Phänomen lässt sich auch umkehren, sofern ein hoher Pflegegradmix verhandelt wurde und die tatsächliche Belegung im Jahresmittel nach unten abweicht, kann der Träger mit diesem Umstand eine Kostenreduktion erreichen.  

Im Sinne der Wirtschaftlichkeit muss der Einrichtungsträger in den betroffenen Bundesländern also im Rahmen der Verhandlung darauf achten, dass man sich mit den Kostenträgern gemeinsam auf eine Belegungsstruktur verständigt, die nicht „flacher“ als prospektiv zu erwarten ist. Im Nachgang zur Verhandlung sollte man im Rahmen des internen Controllings ebenfalls die Entwicklung der Belegungsstruktur und damit die Auswirkung auf Soll Personal und die Kosten im Blick behalten. Mit dem Controlling-Tool der VDAB-BSB ist dies beispielsweise möglich. Eine Erhöhung der Belegungsstruktur gegenüber der geeinten Belegungsstruktur sollte eher gemieden werden. Dem Belegungsmanagement fällt somit eine immer größer werdende Bedeutung zu. Gegebenenfalls kann man dieses zusätzliche Risiko auch als Verhandlungsposition in die Pflegesatzverhandlung einbringen, um einen höheren Risiko-/Wagniszuschlag mit den Kostenträgern auszuhandeln. 

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